Von der Weststeiermark nach Europa

20 Aufnahme des Bahnbetriebs und Expansion Vorzeitige Eröffnung und Beschaffung des Fuhrparks Im Jahr 1859 kam es zur Fertigstellung der provisorischen Bahnverbindung zwi - schen dem weststeirischen Kohlenrevier und der steirischen Landeshauptstadt. Auf dieser noch nicht offiziell eröffneten Bahnlinie wurden bereits erste Kohlen - transporte durchgeführt. Ein Ereignis von geopolitischer Tragweite war in diesem Zusammenhang ausschlaggebend. Dabei handelte es sich um den sogenannten „Sardinischen Krieg“ zwischen dem Kaiserreich Österreich auf der einen sowie dem Königreich Sardinien-Piemont auf der anderen Seite. Dieser Konflikt, der vor allem durch die Schlacht von Solferino, in deren Folge das Rote Kreuz gegründet wurde, Bekanntheit erlangte, endete nach knapp drei Monaten mit einer Nieder- lage für Österreich. Für die GKB war der Krieg jedoch ein gutes Geschäft. Die neue Bahnlinie spielte zwar in militärstrategischer Hinsicht keine große Rolle. Allerdings waren die im Voitsberg-Köflacher Revier abgebaute Kohle für den Koh - lenbedarf des Militärs und die Züge, welche Truppen an die Front transportierten, wichtig. Der erste kriegsrelevante Transport wurde am 22. Juni 1859 durchgeführt. Er bestand aus elf Waggons, die, gezogen von der Lokomotive „Sauerbrunn“, Kohle nach Graz brachten. Da die österreichischen Truppen bereits zwei Tage später bei Solferino die kriegsentscheidende Niederlage erlitten, spielten die Transporte der GKB keine kriegsrelevante Rolle. Dennoch belieferte das Unternehmen die Armee vertragsgemäß zu guten Konditionen bis Dezember 1859mit Kohle. Dadurch erwirt - schaftete sich die GKB ein durchaus ansehnliches zusätzliches Einkommen. Am 3. April 1860 nahm die Bahnlinie von Graz nach Köflach schließlich ihren planmä - ßigen Betrieb auf. Dieser Tag gilt als offizieller Geburtstag der Graz-Köflacher Eisen - bahn. Bereits einen Tag zuvor war die Strecke einer kommissionellen technisch-poli- zeilichen Prüfungsfahrt unterzogen worden. Die offizielle Eröffnungsfahrt selbst ging laut Berichten vergleichsweise unspektakulär vonstatten. Um 6:45, startete von Graz aus ein Zug Richtung Köflach. Die Lokomotive war mit den kaiserlichen, den habsburgischen und den steirischen Farben geschmückt. Zusätzlich wurde der Schlot bis an die Mündung mit grünen Kränzen umwunden. Auf der Vorderseite war in den steirischen Landesfarben grün und weiß „Graz“ und „Köflach“ geschrie - ben. Nur wenige Passagiere sowie einige Eisenbahnbeamten waren an Bord. Für die Menschen der Weststeiermark markierte der 3. April den Sprung in ein neues Zeitalter der Mobilität. Von nun an war es möglich, in vergleichsweise kurzer Zeit nach Graz zu gelangen. Die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit betrug zwar nur

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