Drehscheibe Nr. 94 Juni 2021

9 Ausgabe 94 - Juni 2021 | Drehscheibe: Schwerpunkte Ihrer Tä- tigkeit sind die Bereiche (erneuerbare) Energie und (nachhaltige) Energiewirt- schaft. Wie können wir die Energie- bzw. Verkehrswende in absehbarer Zeit schaf- fen und damit die selbst gesteckten Kli- maziele erreichen? StS Brunner: Damit Österreich seine ambitionierten Klima- und Energieziele erreicht, brauchen wir Investitionen, In- novation und Zusammenarbeit. Es gibt nicht eine große Lösung, wir müssen technologieoffen agieren, wir werden alle sauberen Technologien brauchen: Ein Beispiel ist der Wasserstoff, ein wahrer Allrounder. Wasserstoff hat drei wesent- liche Anwendungsbereiche: Erstens wird er in der Industrie eine Schlüsselrolle spielen, zweitens als Langfristspeicher vom Sommer in den Winter und drittens im Mobilitätsbereich – und da vor allem auf der Langstrecke und im Schwer- verkehr. Ich bin überzeugt: Die Wasser- stoff-Dekade hat begonnen! Mit dieser Schlüsseltechnologie kommen wir unse- ren Klimazielen einen großen Schritt nä- her. Drehscheibe: Welchen Stellenwert hat dabei der Mobilitätsbereich, speziell der öffentliche Verkehr und die Bahn? StS Brunner: Mobilität ist ein Grund- bedürfnis und die Basis einer funktionie- renden Wirtschaft – und damit ein ganz wesentlicher Baustein für unsere Klima- ziele. Es darf hier aber kein Ausspielen des Öffentlichen Verkehrs gegen den Individualverkehr geben. Vielmehr drän- ge ich auf eine sinnvolle Ergänzung und enge Abstimmung aller Mobilitätsformen. Allerdings muss über die Antriebstechno- logien nachgedacht werden, da die Ziele mit der heutigen Technik kaum erreichbar sind und daher Innovation so wichtig ist. Vereinfacht gesagt: nicht der Verbren- nungsmotor ist das Problem, sondern die CO2-Emissionen. Drehscheibe: Unser Unternehmen macht sich mit dem Ausbau der (Bahn-) Infrastruktur und der Elektrifizierung des gesamten Streckennetzes zukunftsfit. Die GKB wird einen wesentlichen Beitrag zur Mobilitätswende in der Steiermark – und auch zur Klimastrategie Österreichs – leisten. Wie beurteilen Sie dieses ambi- tionierte Projekt? StS Brunner: Konkurrenz belebt das Geschäft, heißt es. Verschiedene An- bieter sind tatsächlich wichtig für die Dynamik des Marktes. Ich möchte der GKB daher zu diesem innovativen Pro- jekt gratulieren. Zur Erreichung unserer Klimaziele brauchen wir genau solche zu- kunftsweisenden Schritte! Dieser Ausbau erleichtert Betriebsansiedlungen, durch neue Arbeitsplätze entsteht nachhaltige Wertschöpfung in der Region. Durch die Elektrifizierung der GKB ist eine Ersparnis von 480.000 Tonnen CO2 in den nächs- ten 30 Jahren zu erwarten. So zeigen wir, dass Dekarbonisierung und eine erfolg- reiche Volkswirtschaft Hand in Hand ge- hen können. Die Steiermark im Speziellen und Österreich im Allgemeinen müssen ein innovativer Industrie- und Wirtschafts- standort bleiben, der langfristig ohne fos- sile Energieträger auskommen soll. Drehscheibe: Entscheidungen betref- fend den Klimaschutz, die Energiewen- de, den Verkehr oder die Ökologisierung der Gesellschaft werden oft auf europäi- scher Ebene getroffen. Welche drei kon- kreten Anforderungen haben Sie an die Energie- und Verkehrspolitik der Europäi- schen Union? StS Brunner: Für echte Veränderung brauchen wir ein starkes Europa. Daher habe ich drei ganz konkrete Anforderun- gen an die Europäische Union. Erstens: Die europäischen Länder müssen einen Schulterschluss schaffen, um die er- forderlichen CO2-Einsparungen zu er- reichen, und zwar auf Basis einer fairen Lastenteilung. Dabei ist klar: Nur eine gemeinsame Position gegenüber den USA und China ist Garant dafür, dass wir gemeinsam die Klimaziele erreichen und gleichzeitig die notwendigen Wett- bewerbsbedingungen für weiteren Inf- rastrukturausbau definieren. Zweitens müssen in Europa Grenzen und Hür- den noch weiter fallen. Unser Kontinent braucht schnellere und qualitativ hoch- wertige Bahnverbindungen. Drittens bringe ich auf europäischer Ebene immer ein, dass Österreichs Rolle als Transitland ausreichend berücksichtigt wird. Drehscheibe: Die Drehscheibe dankt für das interessante Interview! Staatssekretär Dr. Magnus Brunner im Interview mit der Drehscheibe Foto: © BMK Staatssekretär Dr. Magnus Brunner | INTERVIEW

RkJQdWJsaXNoZXIy NTgxNjc=