Drehscheibe Nr. 91 September 2020

26 | Ausgabe 91 - September 2020 Buch: Das Eisenbahnmi- nisterium als Sprungbrett In der vorliegenden Publikation wird das Leben des ersten zivilen k.k Ei- senbahnministers Heinrich von Wit- tek neu portraitiert. Das Leben und Werk Heinrich von Wit- teks sind in der einschlägigen Literatur relativ gut dargelegt, die Quellen aus- reichend erschlossen und ausgewertet. Umso erstaunlicher ist es, dass in den Lebensbeschreibungen des ehemali- gen Eisenbahn-Sektionschefs im k. k. Handelsministerium und späteren k. k. Eisenbahnministers Heinrich von Witteks der Abschnitt über dessen Jugend und Ausbildung ziemlich ausgespart wurde. Dieser Lebensabschnitt, der bisher fast unkommentiert geblieben ist, konnte nunmehr anhand des bisher unveröffent- lichten Tagebuchs Heinrich von Witteks erfasst werden. Des Weiteren wird das persönliches Naheverhältnis von Witteks zum österreichischen Kaiserhof beleuch- tet, das immer wieder Anlass zu Spekula- tionen gab und gibt. Daher wird in diesem Zusammenhang auch auf das Verhältnis Heinrich von Witteks zu den Frauen ent- sprechend beleuchtet. Der erste Zutritt zu diesem Thema erfolgt über die Auswer- tung der dokumentierten Lebensspuren und vorhandenen Aufzeichnungen. Der andere Weg nähert sich diesem Thema über die Religiosität des Heinrich von Wit- tek. Einen breiten Raum der Betrachtun- gen nimmt die Beamtenkarriere Heinrich von Witteks im k. k. Handelsministerium und später im k. k. Eisenbahnministe- rium ein, wo er sich zum ausgewiesenen Fachmann für juridische und ökonomi- sche Frage des Eisenbahnwesens ent- wickelte. Aufgrund der profunden Kennt- nisse erfolgte schließlich seine Ernennung zum k. k. Eisenbahnminister, der später noch - als Höhepunkt seiner Karriere - die kurzfristige Betrauung mit der Funk- tion das k. k. Ministerpräsident. Nach seinem mehr oder weniger unfreiwilligen Ausscheiden aus der Funktion des k. k. Eisenbahnministers, in der damaligen Tagespresse meist unfein kommentiert, folgte eine Phase der politischen Betäti- gung von Witteks, die auf seine Freund- schaft zum damaligen, christlich-sozialen Bürgermeister von Wien, Dr. Karl Lueger, zurückging. Dieses Verhältnis und die Er- fassung der politischen Einstellung von Witteks leiten über zu seiner Tätigkeit während des Ersten Weltkriegs. Noch einmal zeigte sich das Organisations- talent von Witteks, das in seinem sozia- len Engagement Niederschlag fand, und dass er auch als Verantwortlicher für die Errichtung von weit über 100 Eisenbahn- strecken in der österreichischen Reichs- hälfte der Monarchie unter Beweis stellen konnte. Auch die Entwicklung der Eisen- bahnsektion im k. k. Handelsministerium und der dem Ministerium nachgeord- neten Eisenbahndienststellen nahm so manch überraschende Wendung. An der Schaffung eines eigenen Eisenbahnmi- nisteriums mischten viele Stellen mit. Die Errichtung eines alle Verkehrsträger um- fassenden „k. k. Verkehrsministeriums“ war nicht vorgesehen, daher verblieben alle übrigen Verkehrsagenden weiterhin im k. k. Handelsministerium. Erstaunlich sind Anzahl und Verlauf jener Karrieren, die im k. k. Eisenbahnministerium bzw. in artverwandten Einrichtungen des Eisen- bahnministeriums begannen, und die ihre Fortsetzung in (meist) höheren Funktio- nen in anderen Bereichen fanden. Dieser Effekt, dass hohe Beamte aus dem Ei- senbahn- bzw. Verkehrsministerium ihre Karriere in anderen Bereichen des Staa- tes fortsetzen konnten, zieht sich „wie ein roter Faden“ von der Gründung des k. k. Eisenbahnministeriums im Jahre 1896 bis in die Gegenwart: Das Eisenbahn- bzw. Verkehrsministerium war und ist Sprung- brett für Karrieren! Text: Gürtlich / Fotos: GKB_Archiv Expertenwerk: Ein Fachbuch erster Güte! BUCHBESPRECHUNG | Das Eisenbahnministerium als Sprungbrett

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