Drehscheibe Nr. 90 Juni 2020

13 Ausgabe 90 - Juni 2020 | Personenverkehrsaufkommen schließlich einen Rekordwert. Die 2.193.903 beför- derten Passagiere bedeuten im Vergleich zum letzten Vorkriegsjahr beinahe eine Verdreifachung. Letztlich endete der I. Weltkrieg mit einer Niederlage, der Zerfall des Vielvölkerstaates war die Folge. Zwischen den Kriegen Die nun kleine Nachfolgerepublik Öster- reich hatte von Anfang an mit massiven Problemen zu kämpfen. Da die Kohlen- nachfrage groß war, konnte sich die GKB jedoch schnell von den Kriegsfolgen er- holen. Dabei half ihr auch die Tatsache, dass viele Konkurrenzunternehmen im Bergbausektor aus der Zeit der Monar- chie sich nun auf dem Territorium ande- rer Staaten befanden. Bis zum Beginn der 1920er Jahre stiegen daher sowohl die Güterverkehrsleistung als auch die Zahl der beförderten Personen auf neue Rekordhöhen an. Spätestens 1923 traf die allgemeine Wirtschaftskrise die GKB jedoch schwer. Noch härter wurde die Südbahn in Mitleidenschaft gezogen. Streitigkeiten um die Aufteilung ihres Fuhrparks zwischen den Nachfolge- staaten der Monarchie zogen sich bis 1923 hin. Im Dezember dieses Jahres erfolgte schließlich die Eingliederung des Unternehmens in die Österreichischen Bundesbahnen. Aufgrund deren wirt- schaftlicher Schwäche übernahm die GKB ab Juli 1924 wieder die Betriebs- führung ihrer Linien. Generell setzte das Unternehmen in diesen Jahren auf rück- sichtslose Expansion. Unterdessen ging jedoch aufgrund der Wirtschaftslage so- wohl die Zahl der beförderten Passagiere als auch die Güterverkehrsleistung deut- lich zurück. Dies führte in Verbindung mit riskanten Geschäften dazu, dass die GKB zunächst unter Zwangsverwaltung gestellt werden musste. 1928 erfolgte schließlich die Übernahme des Unterneh- mens durch den Industrieriesen ÖAMG. In den folgenden Jahren setzte eine leichte Erholung im Eisenbahnbereich ein. Die Zahlen des Jahres 1921 konnten jedoch nicht erreicht werden. Dies hin- derte die GKB jedoch nicht daran im Jahr 1930 mit Unterstützung ihres mächtigen Mehrheitseigentümers die Sulmtalbahn, welche Leibnitz mit Pölfing-Brunn ver- band, zu übernehmen. Die Verschärfung der wirtschaftlichen und politischen Lage nach dem großen Börsencrash des Jah- res 1929 ging jedoch auch an der GKB nicht spurlos vorbei. Rückläufige Passa- gierzahlen machten dem Unternehmen ebenso zu schaffen wie der Einbruch des Frachtverkehrsaufkommens. Allerdings begann am 11. Mai 1935 mit der Errich- tung der ersten 12 Kraftfahrlinien bei der GKB, dem Vorläufer des heutigen Bus- betriebes, ein weiteres bedeutendes Ka- pitel der Unternehmensgeschichte Die GKB im Nationalsozialismus Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich begann am 12. März 1938 das dunkelste Kapitel in der Ge- schichte des Landes. Für die GKB bedeutete die nationalsozialistische Machtübernahme jedoch zunächst eine Chance. Die expansive Wirtschaftspoli- tik der neuen Herrscher führte schnell zu einem Anstieg der Transportleistung. Mit Beginn des II. Weltkrieges stiegen die Zahlen in bis dahin nicht da gewesene Höhen. 1943 erreichte die Frachtver- kehrsleistung einen Rekordwert. Insge- samt wurden in diesem Jahr 1,67 Mio. Tonnen Güter, hauptsächlich der kriegs- wichtige Rohstoff Kohle, transportiert. Die gestiegenen Anforderungen führten dazu, dass die GKB eine Güterwagen- gemeinschaft mit der Deutschen Reichs- bahn eingehen musste. Diese sollte sich nach dem Krieg als problematisch herausstellen, da Teile des Fuhrparks in ganz Europa verteilt waren. Gleichzeitig sorgten Truppentransporte dafür, dass es im Personenbeförderungsbereich zu massiven Zuwächsen kam. 1944 wurden schließlich 5,1 Millionen Menschen be- fördert. Da einheimische Männer in gro- ßer Zahl Kriegsdienst leisten mussten, kamen mit Fortdauer des Krieges im- mer öfter ausländische Arbeiter/innen im Unternehmen zum Einsatz. Diese waren den Schikanen des Rassenwahns aus- gesetzt. Einheimische Arbeitskräfte wur- den ebenfalls unterdrückt. Dies gilt vor allem für den Bergbaubereich. Bei einer großen Verhaftungswelle wurden alleine 1941 mehrere hundert Personen, die im Rahmen einer kommunistischen Wider- standsorganisation gegen den National- sozialismus agierten, festgenommen. Insgesamt bezahlten 36 Personen ihren Einsatz für die Freiheit mit dem Leben. Gegen Ende des II. Weltkrieges wurden auch die Bahnanlagen der GKB immer stärker von Luftangriffen in Mitleiden- schaft gezogen. Vor allem der Graz Köf- lacherbahnhof geriet oft ins Visier alliierter Bomber und wurde zu 90 Prozent zer- stört. Als der Krieg schließlich am 8. Mai 1945 zu Ende ging, stand Österreich vor einer ungewissen Zukunft. Für die GKB begann ein neues Kapitel ihrer Geschich- te. Sie sollte eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau des Landes einnehmen. Text: Mag. Dr. Martin Amschl & Redaktion Fotos: DI Dr. Franz & GKB_Archiv 160 Jahre GKB / Teil 2 | HISTORISCHE BETRACHTUNGEN Bombenschäden am Graz Köflacherbahnhof Kraftwagen in Stainz Ende der 1930er Jahre

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