Drehscheibe Nr. 85 März 2019

13 Ausgabe 85 - März 2019 | FRAUENTAG / H I STOR I SCHE BETRACHTUNGEN humane Frau“ beschrieben. So gab sie im Gegensatz zu den männlichen Gru- benbesitzern der Region ihren Arbeitern am 1. Mai stets frei und war auch für Ge- werkschaftsforderungen durchaus auf- geschlossen. Im Hinblick auf die Frauen- gleichberechtigung im Eisenbahndienst konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein erster großer Fortschritt erzielt wer- den. Im Jahr 1902 erreichte die erste Frau die Position einer Stationschefin. Strukturell waren Frauen jedoch stark be- nachteiligt. So unterlagen die weiblichen Eisenbahnbediensteten dem Zölibat für Beamtinnen. Im Falle von Hochzeit oder Schwangerschaft durften sie, obwohl als Beamtinnen offiziell unkündbar, ent- lassen werden. Der Übergang von der Monarchie zur Ersten Republik brachte für die Frauen im Eisenbahndienst einige Verbesserungen mit sich. So wurde das Eheverbot für berufstätige Frauen abge- schafft. Außerdem profitierten die weib- lichen Eisenbahnbediensteten von den arbeitsrechtlichen Reformen der Jahre 1918 bis 1920. Als Folge der Wirtschafts- krisen, welche die Republik erschüt- terten, wendeten sich die Dinge jedoch bald wieder. Als in den 1920er-Jahren aufgrund der angespannten Budgetla- ge des Staates 24.000 Angestellte und Arbeiter der Bundesbahnen entlassen werden mussten, waren darunter ein Drittel Frauen. Dieser Anteil überstieg den Gesamtanteil der weiblichen Beleg- schaft bei weitem. Dies bedeutet, dass Frauen überproportional häufig entlassen wurden. Außerdem wurde von der christ- lich-sozialen Regierung das Eheverbot für berufstätige Frauen wieder eingeführt. Das Ende der Demokratie brachte eben- so wie die nationalsozialistische Gewalt- herrschaft weitere Verschlechterungen mit sich. Vor allem im Zweiten Weltkrieg mussten Frauen unter widrigsten Arbeits- bedingungen bei ständiger Gefahr für Leib und Leben ihren Dienst verrichten. Station 2: Von der II. Republik zur Gegenwart Als zu Beginn der Zweiten Republik aus der Reichsbahn die ÖBB wurde, ging damit auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einher. Frauen wa- ren allerdings nach wie vor strukturell benachteiligt. So konnten nur einige im Verwaltungsdienst Fuß fassen. Ein Zöli- bat oder ein Eheverbot gab es zwar nicht mehr, jedoch wurde Frauen bei Verheira- tung oder Schwangerschaft der Dienst- austritt schmackhaft gemacht. Bis die Gleichstellung der weiblichen Bediens- teten von der ÖBB-Führung als wichtige Aufgabe wahrgenommen wurde, dauerte es mehr als drei Jahrzehnte. Erst im Jahr 1978 wurde eine eigene Frauenabteilung gegründet. Zu Beginn der 1980er mach- te es sich eine interministerielle Arbeits- gruppe zur Aufgabe Arbeitsbereiche, die innerhalb der ÖBB bisher nur Männern vorbehalten waren, für Frauen zu öffnen. 1983 wurden erstmals Fahrdienstleite- rinnen ausgebildet. Ab 1989 sind Zug- begleiterinnen im ÖBB-Netz unterwegs. Noch länger dauerte es bis zum Einsatz der ersten Lokführerin. Diese trat erst im Jahr 1991 ihren Dienst an. Der allgemeine Anteil von Frauen am Personal der ÖBB war in diesem Jahr mit knapp sieben Prozent jedoch noch immer so niedrig wie 1951. In den letzten 30 Jahren nahm die Gleichberechtigung im Eisenbahn- dienst jedoch stärker als zuvor Fahrt auf. So stieg der Anteil der weiblichen Be- diensteten deutlich an. Dies gilt sowohl für die ÖBB als auch für die GKB. Bei letzterer gibt es mittlerweile zehn Zugbe- gleiterinnen. Außerdem sind bereits fünf Fahrdienstleiterinnen im weststeirischen Bahnnetz im Einsatz. Generell ist der An- teil der weiblichen Bediensteten bei der GKB auf knapp 18 Prozent gestiegen. Im Bereich der leitenden Funktionen ist die Frauenquote mit 36 Prozent sogar noch deutlich höher. Letztendlich bleibt festzu- stellen, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter im Eisenbahndienst weiter vorangeschritten ist als je zuvor. Es bleibt allerdings noch viel zu tun. Der Zug der Zeit fährt jedoch eindeutig in Richtung Gleichstellung. Text: Dr. Martin Amschl / Fotos: GKB_Archiv & E. Surdej Frauen wurden früher vorwiegend in der Verwaltung ... ... oder in der Wagenreinigung eingesetzt

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