Drehscheibe Nr. 81 März 2018

9 Ausgabe 81 - März 2018 | D I VERS I TY MANAGEMENT / I NTERV I EW Die 1965 geborene Kärntnerin Traude Kogoj maturierte an der HAK Völker- markt und promovierte danach im Fachbereich Politikwissenschaften an der Universität Wien. Sie arbeitete zu- erst als freie Journalistin und Wissen- schaftlerin. Neben einer mehrjährigen Führungstätigkeit in einem großen österreichischen Unternehmen trat Mag.a Dr.in Traude Kogoj auch als Sachbuchautorin und Vortragende in Erscheinung. Als Unternehmens- beraterin begleitete sie Prozesse im Veränderungsmanagement von Un- ternehmen und mit der Implementie- rung von Gender Mainstreaming bzw. Diversity Management. Gegenwärtig leitet sie das Diversity Management bei den Österreichischen Bundesbah- nen (ÖBB) und lehrt unter anderem an der Universität Wien. Foto: ÖBB_Zenger Drehscheibe: Frau Dr.in Traude Kogoj, wie nehmen Sie als ausgewiesene Expertin für Gender Mainstreaming und Diversity Manage- ment die Veränderungen in diesen Bereichen im Eisenbahnwesen wahr? Dr.in Kogoj: Seit Beginn der 2000er Jahre setzen die Bahnen innerhalb der EU Initiativen, um den Frauenanteil und damit die Vielfalt zu heben. Das Bewusstsein ist deutlich gestie- gen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die demo- graphische Entwicklung steht ganz oben. Die Erkenntnis, dass gemischte Teams innovativer sind und eine bessere Performance abliefern, sickert langsam durch. Zahlreiche Studien zei- gen den ökonomischen Nutzen und weisen darauf hin, dass gemischte Teams nicht nur er- folgreicher arbeiten, sie bewältigen auch Prob- leme, die durch die Veränderung des Marktes auftreten, besser. Und schließlich: Unterneh- men können es sich einfach nicht mehr leisten, auf die Hälfte der Talente zu verzichten. Drehscheibe: Welche Vorteile bringt die ver- mehrte Einbindung von weiblichen Mitarbei- tern im ÖPV bzw. bei der Eisenbahn? Dr.in Kogoj: Unternehmen, die Vielfalt för- dern, sind interessante Arbeitgeber. Unter- nehmen, die Vielfalt fördern, bringen maxi- mal viele Kompetenzen in ihre Teams. Und Unternehmen, die Vielfalt fördern, müssen zwar am Anfang in die Zusammenarbeit der multikulturellen Teams investieren. Auf länge- re Sicht gesehen sparen sie Geld: dazu zäh- len die Verringerung der Krankenstände, eine geringere Fluktuation, eine höhere Resilienz, eine deutlich bessere Marktbearbeitung und höhere Gewinne. Vielfalt schafft also Vorteile, von denen Mitarbeiter/innen sowie Kund/innen profitieren. Letztere entscheiden am Ende des Tages, ob wir erfolgreich sind oder nicht. Mehr als die Hälfte der Bahnreisenden sind Frauen. Das ist relevant. Drehscheibe: Wie kann der Anteil an weibli- chen Führungskräften gesteigert werden? Dr.in Kogoj: Die Bewerberinnen schauen ganz genau hin, wie das Unternehmen aufge- stellt ist, ob es einen guten Ruf hat und was das Unternehmen bietet. Hinzu kommt, dass homogene Unternehmen die Tendenz haben, niemanden hineinzulassen, der oder besser die nicht der Mehrheit der Belegschaft entspricht. Um Vielfalt herzustellen, muss diese von der Unternehmensleitung gewollt und von den Führungskräften geplant und umgesetzt wer- den. Der ÖBB-Konzern verfolgt seit Jahren die Strategie zur kontinuierlichen Anhebung des Frauenanteils im Unternehmen. Zielvorgaben, Monitoring der Maßnahmen und regelmäßi- ges Reporting bilden das Gerüst. Traineeship, Mentoring, Coaching- und Laufbahnprogram- me, betriebsnahe MINT-Kindergärten, Initi- ativen zur interkulturellen Zusammenarbeit, Innovation Labs u.v.m. unterstützen die stra- tegischen Personalziele und verändern die Un- ternehmenskultur. Drehscheibe: Die GKB hat viele Maßnah- men in den Bereichen Gender Mainstreaming und Diversity Management gesetzt. Wie beur- teilen sie diese umfangreichen Bestrebungen? Dr.in Kogoj: Die GKB geht mit gutem Bei- spiel voran und zeigt, wie zeitgemäßes Per- sonalmanagement aussieht. Die strategische Entwicklung zur Vielfalt im Unternehmen ist be- eindruckend und der Erfolg evident. Das zeigt die wirtschaftliche Performance. Drehscheibe: Wie sieht die Entwicklung in Europa bzw. in der Europäischen Union aus? Dr.in Kogoj: Die Bahnen stehen mit äußerst attraktiven, international arbeitenden Unter- nehmen im Wettbewerb um die besten Köpfe. Das ist wohl mit ein Grund, warum seit 2002 auf der Ebene der EU intensiv an der Förde- rung der Beschäftigung und Arbeitsqualität im europäischen Bahnsektor gearbeitet wird. In jährlichen Befragungen werden auch die Stati zur Arbeitsrealität der Eisenbahnerinnen abge- fragt und Empfehlungen entwickelt. Die Be- richte zeigen, dass Durchmischung und Frau- enanteile in den nord- und osteuropäischen Bahnen am höchsten sind und insbesondere die Bahnen im deutschsprachigen Raum nur langsam bei niedrigem Niveau nachziehen. Drehscheibe: Wir danken für das Interview! „Vielfalt schafft Vorteile!“

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