Drehscheibe Nr. 106 Juni 2024

24 | Ausgabe 106 - Juni 2024 Die Meerenge bei Gibraltar (UK) im Süden der iberischen Halbinsel - Im Hintergrund sieht man bereits die afrikanische Küste! Ab 2030 könnte ein vierzig Kilometer langer Tunnel unter der Straße von Gibraltar entstehen. In 30 Minuten könnte man dann mit dem Zug von Spanien nach Marokko fahren. Von der Küste Tarifas im Süden Spaniens aus wirkt Marokko nur einen Katzensprung entfernt. Die Konturen des gegenüberliegenden Festlands sind klar erkennbar, sofern sie nicht hinter kolossalen Frachtschiffen verschwinden, die die Meerenge durchqueren. Die Straße von Gibraltar ist ein Schmelztiegel des internationalen Handels, der Migration und der Artenvielfalt. Täglich fahren hier 300 Frachtschiffe durch. Migranten nutzen die an ihrer engsten Stelle nur 14 Kilometer breite Meerenge immer wieder, um nach Europa zu gelangen. Gleichzeitig wimmelt es zwischen den Frachtern und Schiffen von Walen und Delfinen, die in der Meerenge ein besonders gutes Nahrungsangebot finden. Inmitten dieses Knotenpunkts planen Spanien und Marokko eines der größten Infrastrukturprojekte beider Länder: einen gewaltigen Unterwasser-Eisenbahntunnel, 40 Kilometer lang, ein Verbindungsglied zwischen zwei Kontinenten. Einen Tunnel, der es ermöglichen soll, in 30 Minuten mit dem Zug von Europa nach Afrika zu fahren und umgekehrt, der den Handel und den Tourismus fördern und saubere Energie nach Europa bringen soll. Mit Hochgeschwindigkeitszügen, die 300 Meter unter der Wasseroberfläche verkehren. Eine alte Idee Die Idee eines solchen Verbindungsglieds klingt so vielversprechend, dass sie seit vielen Jahrzehnten im Raum steht. Seit den 1930er-Jahren haben afrikanische und europäische Länder immer wieder unterschiedliche Projekte vorgeschlagen, um die Distanz über das Mittelmeer schnell überwinden zu können. Von Brücken mit hunderte Meter hohen Türmen bis hin zu schwimmenden Brücken und einer künstlichen Insel war bereits vieles im Gespräch. 1979 dachten Spanien und Marokko erstmals konkret über einen Eisenbahntunnel nach, der die beiden Länder miteinander verbinden sollte – ähnlich wie der rund 50 Kilometer lange Eurotunnel zwischen Frankreich und Großbritannien, der 1994 eröffnet wurde. Dann kam es jedoch zu diplomatischen Konflikten, einige Studien zweifelten an der technischen Umsetzbarkeit des Tunnels, das Projekt geriet ins Stocken und wurde für viele Jahre auf Eis gelegt. Bis zum vergangenen Jahr. Bei einem Treffen im Februar 2023 in Rabat einigten sich Spaniens damalige Verkehrsministerin Raquel Sánchez und Marokkos WasserMit dem Zug nach Marokko – Könnte zukünftig ein Eisenbahntunnel Europa mit Afrika verbinden? REISEN | Vision einer Reise nach Afrika

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