Drehscheibe Nr. 104 Dezember 2023

8 | Ausgabe 104 - Dezember 2023 INTERVIEW | Aufsichtsratsvorsitzender RA Dr. Christoph Leitgeb Drehscheibe: Herr Aufsichtsratsvorsitzender, zuerst eine persönliche Frage: Wie oft nutzen Sie die Bahn? AR-Vors. Leitgeb: Ich nutze die Bahn fast immer, wenn ich zu beruflichen Terminen in die diversen österreichischen Landeshauptstädte oder etwa München fahren muss, und regelmäßig im öffentlichen Nahverkehr die S-Bahn. Drehscheibe: Sie sind nun seit rund vier Monaten der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH. Können Sie bereits Aufgabenfelder für die aktuelle Funktionsperiode skizzieren? AR-Vors. Leitgeb: Die nächsten Monate werden sicher noch sehr stark von der Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Übertragung des Teilbetriebs Infrastruktur der GKB auf die ÖBB-Infrastruktur geprägt sein. Der Aufsichtsrat wird diesen Prozess tatkräftig unterstützen, damit so rasch wie möglich die Weichen für die erfolgreiche Zukunft der GKB gestellt werden. Der Abschluss eines neuen Verkehrsdienstevertrages für den elektrischen Betrieb und die Beschaffung moderner E-Fahrzeuge sowie die Evaluierung zukünftiger Investitionen der GKB am Standort Graz werden uns bis zur Inbetriebnahme der Koralmbahn im Dezember 2025 sicher auch intensiv beschäftigen. „Ich bin der Überzeugung, dass es große unternehmerische Chancen gibt.“ Die Redaktion der Drehscheibe interviewte den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH. RA MMag. Dr. Christoph Leitgeb erläutert, wie der Aufsichtsrat die Ausgliederung der Infrastruktur begleitet, spricht aber auch über zukünftige Aufgaben und große unternehmerische Chancen. Drehscheibe: Durch die Infrastrukturausgliederung wird die GKB zu einem absatzorientierten Eisenbahn- und Busverkehrsunternehmen. Bitte erläutern Sie näher, wie der Aufsichtsrat diesen Umstrukturierungsprozess begleitet? AR-Vors. Leitgeb: Zunächst hat der Aufsichtsrat schon nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Betriebsausgliederung, wie sie bei der GKB vorgenommen wird, kontrollierend zu begleiten, darüber hinaus aber auch darauf hinzuwirken, dass die Umstrukturierung nach einem straffen, für alle verbindlichen, Zeit- und Zuständigkeitenplan sowie unter klarer Kommunikation abgewickelt wird. Nur so wissen auch alle an der Umstrukturierung direkt Beteiligten und auch alle anderen Beschäftigten der GKB was wann geschieht und welche Auswirkungen damit verbunden sind. Die Übertragung der Infrastruktur an die ÖBB-Infrastruktur AG ist auch vor dem Jahrhundertprojekt der Elektrifizierung der GKB zu sehen, das in der Bündelung aller Kräfte in der Weststeiermark eine Anbindung an die Koralmbahn mit einem einheitlichen technischen Standard ermöglicht. Die Aufgaben und unternehmerischen Chancen des Absatzbereiches bleiben im Kern aber unverändert: Die GKB bleibt DAS Verkehrsunternehmen in der Weststeiermark und bedient mit Bus, Mikro-ÖV und Bahn das Mobilitätsbedürfnis in der gesamten Region. Der Aufsichtsrat wird die GKB nach Kräften dabei unterstützen, die ausschließliche Ausrichtung auf den Absatzbereich nach der Infrastrukturausgliederung zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Drehscheibe: Welche konkreten Projekte stehen in den nächsten Jahren im Rahmen dieser Neuausrichtung der GKB auf der Agenda? AR-Vors. Leitgeb: Unmittelbar steht die Verhandlung und der Abschluss des neuen Verkehrsdienstevertrags ganz oben auf der Agenda für den Absatzbereich. Dieser soll bis zum Fahrplanwechsel 2023/2024 im Dezember abgeschlossen werden und sichert den E-Betrieb im Rahmen einer Direktvergabe für die nächsten 10 Jahre. Darauf aufbauend und um den Eisenbahnbetrieb auch nach Inbetriebnahme des Koralmtunnels weiter führen zu können, ist die Beschaffung neuer E-Triebfahrzeuge notwendig. Die GKB hat hier bereits die ersten notwendigen Schritte in die Wege geleitet, um diese möglichst rasch zu beschaffen und für die Zeit bis zur Auslieferung der E-Triebfahrzeuge einen Betrieb mit geeigneten E-Lokomotiven sicherzustellen. Abseits der Schiene sehen wir im Aufsichtsrat auch die hervorragende Arbeit der GKB im Busbereich und im Mikro-ÖV – auch hier sehe ich Potential für die weitere erfolgreiche Weiterentwicklung. Drehscheibe: Was bringen die Elektrifizierung der GKB und die Inbetriebnahme der Koralmbahn mittelfristig für den Zentralraum Graz und die Steiermark? AR-Vors. Leitgeb: Die Anbindung an die Koralmbahn bringt einerseits große technische Veränderungen und andererseits auch großes Entwicklungspotential für die GKB mit sich. Die Umstellung auf das europäische Zugsicherungssystem ETCS macht neue, elektrisch betriebene Fahrzeuge für die GKB notwendig. Diese neuen Fahrzeuge ermöglichen erst die umfangreichen Fahrplanausweitungen und den Ausbau des S-Bahn-Angebots in der Weststeiermark. Die umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen in Zusammenhang mit der Koralmbahn – auch am Netz der GKB – werden die GKB auch als Stadtbahn in Graz noch attraktiver

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